Der Neubeginn ab 1945
1. Der Neuanfang
Die Nazi-Herrschaft endete mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 09. Mai 1945. Sie hinterließ Millionen Tote, Trümmer, Armut, Hunger und Not. Sie hatte Menschen getötet, Gebäude und Sachen zerstört. Aber die sozialdemokratische Idee vom 23. Mai 1863 „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ hatte überlebt.
Hierzu schreibt das Sozialdemokrat Magazin unter der Überschrift „Die wundersame Wiedergeburt der SPD“:
„Überall in Deutschland, in West und Ost und auch in einzelnen Bezirken Berlins, fanden sich in jenem Mai des Jahres 1945 Sozialdemokraten zusammen, versteckt noch, weil die Besatzer nichts dergleichen duldeten, aber voller Freude und voller Tatendrang. Es waren Wiedersehensfeste derer, die in den Lagern gelitten hatten, und ebenso derer, die zwölf Jahre äußerlich passiv abwartend, innerlich unangefochten und der Idee treu ergeben herumgebracht hatten. Mit schier übermenschlicher Opferbereitschaft und grenzenlosem Idealismus ist die SPD-Organisation wieder aufgebaut worden. Nur 15 Monate nach Kriegsende, im Herbst 1946, umfaßte die SPD in den drei Westzonen bereits 633.244 Mitglieder, die in rund 8.000 Ortsvereinen organisiert waren“.
Einer hiervon war der SPD-Ortsverein Freienohl.
Als die Militärregierung unmittelbar nach Kriegsende erst einmal jede politische Tätigkeit verbot, ließ sie wenige Wochen später die Gründung demokratischer Vereinigungen wieder zu und berief am 06. Juli 1945 in Freienohl einen Vertrauensausschuß mit beratender Funktion ein. Dazu wurden ernannt: Waldarbeiter Wilhelm Pütz (SPD), Kaufmann Adolf Tönne, Maurer Karl Kordel (SPD), Förster Carl Coßmann, Hauptwachtmeister der Gendarmerie August Bürger, Bauer Josef Funke, Amtssparkassenleiter Wilhelm Kerstholt und Schreinermeister Hugo Altenwerth. In die Amtsvertretung wurde Schreinermeister Klemens Feldmann berufen.
2. Neugründung des SPD-Ortsvereins am 05.11.1945
Am 26.09.1945 wurde auf Antrag sozialdemokratischer Interessenten von der englischen Militärregierung die Erlaubnis erteilt, eine politische Versammlung in Freienohl einzuberufen. Diese kam am 05.11.1945 im Gasthof Ludwig Bracht zustande. Zu dieser Sitzung eingeladen hatte Arbeiter Franz Köster, als Redner trat der ehemalige Gewerkschaftssekretär Paul aus Wennemen auf. Sein Thema war die „Wiedererneuerung der SPD in Bezug auf geistigen und wirtschaftlichen Aufbau Deutschlands“.
Zum Schluss der Versammlung kam es zur Neugründung des SPD-Ortsvereins Freienohl:
1. Vorsitzender: Franz Köster
2. Vorsitzender: Clemens Köster
1. Schriftführer: Ludwig Neise
2. Schriftführer: Heinrich Winter, Schneidemeister
1. Kassierer: Anton Weber
2. Kassierer: Heinrich Weber
Beisitzer: Johannes Kemper und Josef Flinkerbusch
3. Vorbereitung der Gemeinderatswahlen
Am 02.01.1946 erfolgte eine erneute Versammlung im Gasthof Bracht. Als Redner trat der spätere langjährige Bundestagsabgeordnete Jonni Heide aus Wickede auf. Fazit seiner Ausführungen: „Wir müssen mutig und tatkräftig an den Wiederaufbau eines neuen Reiches herantreten“. Die Versammlung diente auch der Vorbereitung der ersten Kommunalwahl nach dem Kriege, die in den kommenden Monaten durchgeführt werden sollte. Zu ihrer Vorbereitung trafen sich Vertreter der bereits gegründeten Parteien (SPD, CDU und KPD) am 06. Januar als Arbeitsgemeinschaft. Die SPD-Vertreter brachten folgende Anträge ein:
Freienohl, den 12. Januar 1946
An
Die Gemeindebehörde
z.Hd. des Herrn Amtsbürgermeisters
Freienohl
Am Sonntag, den 6. ds. Mts. fand hierselbst eine Versammlung der SPD-Ortsgruppe Freienohl statt. In der Versammlung wurde folgender Antrag gestellt: Aus den durch die Militärregierung zugelassenen politischen Parteien ist für den hiesigen Gemeindebezirk umgehend eine Arbeitsgemeinschaft zu bilden.
Nachdem nun inzwischen die Bestätigung der in Vorschlag gebrachten Gemeinderäte durch den zuständigen Kreiskommandanten erfolgt ist, war somit auch die rechtliche Voraussetzung für die Schaffung der Arbeitsgemeinschaft gegeben.
Diese Arbeitsgemeinschaft ist seit dem heutigen Tage in Tätigkeit getreten. Dieselbe besteht aus je zwei Mitgliedern der zugelassenen Parteien, also mithin aus 6 Personen, die auch gleichzeitig als Gemeindevertreter bestätigt sind.
Die Worte, die Sie, Herr Amtsbürgermeister, in der auch für unsere Gemeinde so hochbedeutsamen Sitzung aus Anlaß der Bestätigung der Gemeindevertreter durch die Militärregierung gesprochen haben, sollen Richtlinien für den Neuaufbau in Zukunft sein.
Sie haben den „guten Willen“ in den Vordergrund des Neuaufbaus gestellt. An diesem „guten Willen“ soll es bestimmt nicht fehlen. Zu diesem Zwecke hat die Arbeitsgemeinschaft die drei Vorsitzenden der zugelassenen politischen Parteien mit folgender Aufgabe betraut:
Nachfolgende Anträge sind zu stellen:
I. Die Gemeindevertretung so schnell wie möglich einzuberufen.
II. Wenn angängig, die neu aufzustellende Wohnungskommission durch die Gemeindevertretung zu ernennen.
III. Einen Untersuchungsausschuß einzusetzen zur Prüfung gewisser, in der hiesigen Bevölkerung verbreiteter Gerüchte.
Die Arbeitsgemeinschaft:
I.A.
Gez. Ludwig Neise
Schriftführer
Folgender von der Gemeindeverwaltung erstellter Erledigungsvermerk befindet sich auf diesem Antrag:
1. Die Gemeindevertretung hat inzwischen am 19.01.46 getagt
2. Eine Wohnungskommission ist gewählt worden
3. Zur Regelung der Angelegenheit unter III. ist ein politischer Ausschuß gebildet worden.
4. Zu den Akten
Freienohl, 24.01.1946
Der Amtsbürgermeister
Gez. Hahne
Am 25.01.1946 ernannte die Militärregierung einen aus 15 Bürgern bestehenden Gemeinderat dem von der SPD Franz und Clemens Köster, Ludwig Neise, Ludwig Siepe und Klemens Staudinger angehörten. Am 02.04. trat diese Versammlung zur ersten Sitzung zusammen und wählte als ersten Nachkriegsbürgermeister Clemens Köster (SPD). Das Protokoll darüber sagt u.a. aus:
Er (Köster) bedankte sich für seine Wahl und will nach eigenen Bekunden nach dem Grundsatz handeln:
Tue Recht und scheue niemand!.
4. Die erste freie Gemeinderatswahl am 15.09.1946
Für die erste freie Gemeinderatswahl am 15.09.1946 kandidierten folgende Sozialdemokraten:
Wahldistrikt A. (Alle Häuser ostwärts der Linie Wilhelm Kampmann, Mittelstraße, von Ww. Georg Hömberg – Alte Schule, Wirtschaft Humpert am Hügel bis Weber Altewiese
Wahllokal: Großer Saal im Hotel Bracht
Vor- und Zuname |
Adresse |
Gewerbe oder Beruf |
Karl Assmann |
Bahnhofstraße 276 |
Kaufmann |
Franz Eickelmann |
Bergstraße 231 |
Fabrikarbeiter |
Karl Kordel |
Hinter den Höfen 120 |
Maurer |
Emil Mester |
Breiterweg 238 |
Kaufmann |
Theo Paul Mues |
Bergstraße 156 |
Laborant |
Werner Rosenhöfer |
Bahnhofstraße 228 |
Kreisangestellter |
Wahldistrikt B. (Alle Häuser westlich der Linie Franz Wiesemann am Rotbusch, Mittelstraße von Adam Mester, Röther-Blessenohl von Stauben-Straße, am Hügel bis Köhne Altewiese mit Langel, Giesmecke und Brumlingsen
Wahllokal: Saal Wirtschaft Humpert
Vor- und Zuname |
Adresse |
Gewerbe oder Beruf |
Johannes Kemper |
Rotbusch 331 |
Pflastermeister |
Clemens Köster |
Alte Wiese |
Gewerkschaftsangestellter und Bürgermeister |
Ludwig Lörwald |
Rotbusch 345 |
Waldarbeiter |
Josef Siepe |
Bergmecke 349 |
Maurer |
Ernst Steinkühler |
v. Steubenstraße 65 |
Kaufmann |
Heinrich Winter |
v. Steubenstraße 65 |
Schneidermeister |
Auf der Reserveliste standen für die SPD:
Vor- und Zuname |
Adresse |
Gewerbe oder Beruf |
Willi Heimann |
v. Steubenstraße 206 |
Kraftfahrer |
Peter Pertzing |
Bahnhofstraße 309 |
Invalide |
Das Wahlsystem für die erste freie Gemeinderatswahl war sehr kompliziert, weil jeder Wähler 6 Stimmen hatte. Die SPD wurde zwar zweitstärkste Partei, stellte jedoch von 15 zu wählenden Gemeinderäten nur drei: Clemens Köster, Willi Heimann sowie Peter Pertzing. Am 28.09.1946 wurde Josef Schwefer zum Bürgermeister gewählt.
Bereits zwei Jahre später, am 17.10.1948 gab es erneut Gemeindewahlen. Dabei schnitt die SPD sehr erfolgreich ab. Von 14 Gemeinderatssitzen errang sie acht. Clemens Köster wurde nach 1946 zum zweitenmal zum Bürgermeister gewählt. Er übte sein Amt bis 1950 aus und stellte es dann seinem Parteifreund Heinrich Höhmann zur Verfügung.
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